Ein Aufhebungsvertrag kann auf den ersten Blick wie eine schnelle und unkomplizierte Lösung erscheinen, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Doch hinter der scheinbar einvernehmlichen Regelung lauern zahlreiche Fallstricke, die Arbeitnehmer unbedingt kennen sollten. Daher ist es ratsam, sich frühzeitig mit den möglichen Risiken auseinanderzusetzen und rechtlichen Beistand einzuholen.
1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?
Ein Aufhebungsvertrag ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit der das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird. Im Gegensatz zur Kündigung entfällt die Kündigungsfrist, und es gibt keinen Kündigungsschutz. Dies bietet Arbeitgebern eine Möglichkeit, eine rechtlich komplizierte Kündigung zu vermeiden. Arbeitnehmer sollten sich jedoch bewusst sein, dass durch die freiwillige Unterzeichnung häufig Nachteile entstehen können, insbesondere im Hinblick auf Sozialleistungen und zukünftige Beschäftigungsmöglichkeiten.
2. Die häufigsten Stolperfallen
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld – Ein großes Risiko besteht darin, dass die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit verhängt, wenn ein Arbeitnehmer freiwillig einer Vertragsauflösung zustimmt. Dies bedeutet, dass für bis zu zwölf Wochen kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Zudem verringert sich die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes um die Dauer der Sperrzeit. Eine Sperrzeit kann jedoch vermieden werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags nicht freiwillig, sondern unter Druck oder aufgrund einer drohenden betriebsbedingten Kündigung erfolgte.
- Ruhen des Arbeitslosengeldes – Auch wenn keine Sperrzeit verhängt wird, kann das Arbeitslosengeld ruhen, falls der Aufhebungsvertrag eine frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, als es die gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfrist erlauben würde. In diesem Fall setzt die Agentur für Arbeit das Arbeitslosengeld für den Zeitraum aus, der der regulären Kündigungsfrist entspricht. Dies soll verhindern, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrags die gesetzliche Kündigungsfrist umgehen.
- Abfindung nicht immer ein Vorteil – Viele Arbeitnehmer erwarten eine großzügige Abfindung. Doch Abfindungen sind nicht gesetzlich vorgeschrieben und oft geringer als erhofft. Zudem unterliegen sie der Einkommenssteuer, was zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung führen kann. Wichtig zu wissen ist, dass eine Abfindung nicht automatisch mit dem Ruhen des Arbeitslosengeldes verbunden ist – dies geschieht nur, wenn der Aufhebungsvertrag die ordentliche Kündigungsfrist nicht einhält. Eine korrekt vereinbarte Abfindung kann daher vorteilhaft sein, solange die rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden.
- Verfall von Ansprüchen – Oft sind in Aufhebungsverträgen Klauseln enthalten, die offene Ansprüche wie Urlaubsgeld, Boni oder Überstundenvergütungen ausschließen. Arbeitnehmer sollten daher genau prüfen, ob ihnen noch Geld zusteht und dies vertraglich sichern. Es ist ratsam, alle bestehenden Ansprüche schriftlich festzuhalten und deren Auszahlung im Vertrag ausdrücklich zu vereinbaren, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.
- Nachträgliches Wettbewerbsverbot – Einige Verträge enthalten Klauseln, die Arbeitnehmer daran hindern, für eine bestimmte Zeit bei der Konkurrenz zu arbeiten. Falls ein solches Verbot nicht mit einer finanziellen Entschädigung einhergeht, könnte dies problematisch sein. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur dann verbindlich, wenn der Arbeitgeber eine sogenannte Karenzentschädigung zahlt. Ohne eine solche Entschädigung ist die Klausel in der Regel unwirksam.
- Schriftformerfordernis – Ein Aufhebungsvertrag muss gemäß § 623 BGB zwingend in Schriftform abgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass eine mündliche oder elektronische Vereinbarung nicht ausreicht – der Vertrag muss physisch unterzeichnet werden. Arbeitnehmer sollten daher darauf achten, dass sie keine vorschnellen mündlichen Zusagen machen oder digitale Signaturen akzeptieren, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
- Auswirkungen auf Sozialversicherungsansprüche – Neben der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrags auch Auswirkungen auf die Renten- und Krankenversicherung haben. So kann es vorkommen, dass durch eine längere Phase der Arbeitslosigkeit Beitragslücken in der Rentenversicherung entstehen, was langfristig zu einer Reduzierung der Rentenansprüche führen kann.
3. Unser Rat an Sie
Um sich vor den möglichen Nachteilen eines Aufhebungsvertrags zu schützen, sollten Arbeitnehmer verschiedene Maßnahmen ergreifen:
- Nicht vorschnell unterschreiben: Ein Aufhebungsvertrag ist bindend. Nehmen Sie sich Zeit zur Prüfung und lassen Sie ihn von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht durchsehen.
- Alternative Optionen prüfen: Manchmal ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber vorteilhafter, da Kündigungsschutz besteht und keine Sperrzeit droht.
- Individuelle Verhandlungen führen: Fordern Sie eine angemessene Abfindung, eine verlängerte Kündigungsfrist oder den Erhalt offener Ansprüche. Auch eine einvernehmliche Regelung zur Vermeidung der Sperrzeit kann Teil der Verhandlungen sein.
- Rechtliche Beratung einholen: Ein Anwalt kann helfen, nachteilige Klauseln zu identifizieren und bessere Konditionen auszuhandeln. Zudem kann eine professionelle Beratung darüber aufklären, welche Alternativen es gibt, um mögliche finanzielle Nachteile zu minimieren.
4. Fazit
Ein Aufhebungsvertrag mag in manchen Situationen eine gute Lösung sein, birgt aber erhebliche Risiken. Arbeitnehmer sollten sich nicht unter Druck setzen lassen und eine fundierte Entscheidung treffen. Wer sich vorab informiert und professionellen Rat einholt, kann Fallstricke vermeiden und das Beste aus der Situation machen. Eine sorgfältige Prüfung aller Klauseln sowie das Bewusstsein über mögliche Folgen sind essenziell, um finanzielle und berufliche Nachteile zu vermeiden.
Erstellt von Rechtsanwältin Clara Louise Leip für den Fachbereich Arbeitsrecht.